Wie gut sind Ihre diagnostischen Instrumente?
Sowohl in Personalauswahl als auch Personalentwicklung kommen diagnostische Instrumente zum Einsatz, mit deren Hilfe wichtige Entscheidungen getroffen werden: Welche Bewerber werden in ein Traineeprogramm aufgenommen? Welche Mitarbeiter können eine interne Führungslaufbahn beginnen?
Die Qualität solcher Entscheidungen ist dann hoch, wenn Fehlentscheidungen so weit es geht vermieden werden. Eine mögliche Fehlentscheidung ist, dass in der Gruppe der ausgewählten Personen solche sind, die zu Unrecht ausgewählt wurden (auch False Positives genannt). Die andere mögliche Fehlentscheidung ist, dass in der Gruppe der nicht ausgewählten Personen solche sind, die zu Unrecht nicht ausgewählt wurden, also die eigentlich „geeignet“ wären (sogenannte False Negatives).
Wie gut es gelingt, solche Fehlentscheidungen zu vermeiden, hängt nicht nur von den diagnostischen Instrumenten ab, sondern auch von wichtigen anderen Randbedingungen:
- Wie viele der „getesteten“ Personen werden aufgenommen (z.B. in ein Trainee- oder Führungsprogramm)? Dies bezeichnet man als Auswahlquote.
- Wie viel Prozent der getesteten Personen sind prinzipiell geeignet? D.h. wenn man alle Bewerber aufnehmen würde, wie viele davon wären „erfolgreich“? Dies bezeichnet man als Grundquote.
Berechnen Sie nun die Qualität Ihrer diagnostischen Entscheidungen!
*Angaben zur Validität gebräuchlicher diagnostischer Instrumente
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Assessment Center |
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Intelligenz- tests |
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Struk- turierte Interviews |
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Unstruk- turierte Interviews |
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Situational Judgement Tests |
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Fragebogen Gewissen- haftigkeit |
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Fragebogen Leistungs- motivation |
Studien, die relativ hohe Vorhersagekraft berichten |
Vorhersagekraft |
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.63 |
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.62 |
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.51 |
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.38 |
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.381 |
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.31 |
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.25 |
Quelle |
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Hunter & Hunter (1984) |
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Kramer (2009) |
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Schmidt & Hunter (1998) |
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Schmidt & Hunter (1998) |
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McDaniel et al. (2001) |
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Schmidt & Hunter (1998) |
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Vinchur et al. (1998) |
Studien, die relativ geringe Vorhersagekraft berichten |
Vorhersagekraft |
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.37 |
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.48 |
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.45 |
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.13 |
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.291 |
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.22 |
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.25 |
Quelle |
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Thornton et al. (1992) |
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Hülsheger et al. (2006) |
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Wiesner & Cronshaw (1988) |
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Wiesner & Cronshaw (1988) |
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McDaniel et al. (2001) |
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Barrick & Mount (1991) |
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Hülsheger, Specht & Spinath (2006) |
Soweit verfügbar wurden umfangreiche Studien herangezogen, deren Ergebnisse auf
der Untersuchung mehrerer Tausend Personen beruhten (sog. Metaanalysen).
Angabe von korrigierten Koeffizienten zur Vorhersagekraft.
1 die Werte .38 und .29
entstammen derselben Studie, der höhere Wert bezieht sich auf
anforderungsbezogen gestaltete Situational Judgment Tests, der niedrigere Wert
auf nicht anforderungsbezogen gestaltete Situational Judgment Tests.
Sehen Sie hier anhand von drei Beispielen, wie Sie diese Berechnungsmethode verwenden können:
1.
Berechnung der Trefferquote: Nehmen wir einmal an, Sie laden 200
Personen ein, an einem Auswahlverfahren teilzunehmen. Sie haben
insgesamt 50 offene Stellen, oder Sie wollen 50 der 200 Personen in
einen Führungskreis aufnehmen. Sie schätzen, dass von den 200 Personen
etwa die Hälfte prinzipiell geeignet ist, die offenen Stellen gut
auszufüllen bzw. eine Führungsaufgabe zu übernehmen. Daher liegt die
Grundquote in diesem Beispiel bei 50%. Schieben Sie den Regler also auf
50%. Die Validität ihrer Auswahlmethode kennen Sie entweder (weil diese
geprüft wurde) oder schätzen Sie anhand der unten aufgeführten Tabelle.
Nehmen wir an, Sie führen ein unstrukturiertes Interview durch; ihre
Validitätsschätzung liegt bei 0.13. Sie wählen bewusst die untere
Grenze unserer Angaben, da Sie wissen, dass die Interviewer unerfahren
sind und auch nur ein kurzes Interview führen. Schieben Sie den Regler
also auf r = 0.13. Diese Angaben genügen bereits, um die Trefferquote zu
berechnen. Klicken Sie auf "Berechnen". Wenn Sie alles richtig
eingegeben haben, zeigt Ihnnen das Kreisdiagramm auf der linken Seite,
dass von den 50 ausgewählten Personen 28 (genauer 28.3) zu Recht
ausgewählt wurden, 21 (genauer 21.7) dagegen zu Unrecht. Die
Trefferquote liegt bei 56.6%. Das rechte Kreisdiagramm zeigt die nicht
ausgewählten Personen, hier wurden 78 (genauer 78.3) Personen zu Recht
nicht ausgewählt.
2. Berechnung von Trennwerten in
einem eignungsdiagnostischen Verfahren, ab denen Bewerber angenommen
bzw. abgelehnt werden: Gehen Sie vor wie im obigem Beispiel. Geben Sie
zusätzlich bei "Mittelwert der verwendeten Auswahlmethode" den
Mittelwert ein, den eine repräsentative Vergleichsstichprobe erreicht
(also die Normstichprobe) oder den Mittelwert von Teilnehmern
vorangegangener Auswahlverfahren. Zu dem jeweiligen Mittelwert geben
Sie auch die Standardabweichung an. Nehmen wir an, sie verwenden ein
Interview, bei dem Teilnehmer am Ende bewertet werden auf einer Skala
von 0 bis 5, der Mittelwert liegt bei 2.5 und die Standardabweichung
bei 1. Geben Sie diese Werte ein und klicken Sie auf berechnen. Der
optimale Cut-Off-Wert für dieses Interview liegt dann bei einem Wert
von 3.17. Gäbe es keine anderen Randbedingungen, die Sie
berücksichtigen wollen, würden Sie Teilnehmer annehmen, die diesen oder höhere
Werte erreichen, die übrigen Teilnehmer ablehnen.
3.
Ermittlung der Anzahl zu testender Bewerber, um eine bestimmte
Trefferquote zu erreichen:
Angenommen, das Auswahlinstrument steht
fest, z.B. ein Intelligenztest. Sie können daher in einem solchen
Fall die Trefferquote nicht verbessern, indem sie ein valideres
Auswahlverfahren wählen.
Dennoch gibt es auch dann Möglichkeiten, die Trefferquote zu
verbessern: Gehen
Sie nun von
100 zu testenden Personen und 50 offenen Stellen aus. Nehmen Sie eine
Grundquote von 65% und eine Validität von 0.35 an. Wenn Sie auf
"Berechnen" klicken, ergibt sich eine Trefferquote von 75.5%. Sie haben
sich aber das ehrgeizige Ziel gesetzt, mindestens eine Trefferquote von
80% zu erreichen. Erhöhen Sie einfach die Anzahl der zu testenden
Personen solang, bis die Trefferquote bei 80% liegt. Im dargestellten
Beispiel ist dies bei 176 zu testenden Bewerbern der Fall. Übrigens:
Eine
weitere Möglichkeit, die Trefferquote zu erhöhen, liegt darin, die
Grundquote zu verbessern. Wie kann man auf die Grundquote Einfluß
nehmen? Indem Sie ihr Personalmarketing so optimieren, dass sich
möglichst viele bereits geeignete Personen bewerbern (z.B. kann dies
durch ein Self-Assessment im Internet erreicht werden). Auch eine
Vorauswahl (z.B. durch Online-Tests) kann die Grundquote verbessern.
Literaturhinweis
- Krumm, S. & Schmidt-Atzert, L. (2009). Leistungstests im Personalmanagement. Göttingen: Hogrefe.
- McLellan, R. A. (1999). Theoretical expectancies: Replacing classic utility tables with flexible, accurate computing procedures. Journal of Human Ressource Costing and Accounting, 4, 35 – 48.
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